Wenn du dich für Geschichte interessierst, viel über geschichtliche Epochen liest oder Dokumentationen schaust, bist du bestimmt schon häufig auf Begriffe wie Weltreich oder Imperium gestossen;
Aber was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem Königreich, einem grossen Land und einem Imperium? Wann ist der Begriff Weltreich angebracht? Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit diese Bezeichnung gerechtfertigt ist? Wir versuchen die Begriffe einzuordnen und stellen dir die wichtigsten und grössten Imperien der Geschichte vor.
Was ist ein Weltreich oder Imperium?
Imperien sind nicht nur „grosse Staaten“. Ein notwendiges Merkmal ist eine gewisse Langlebigkeit, die beispielsweise dem wilhelminischen Deutschland gefehlt hat. Imperien müssen, um als solche gelten zu können, mindestens einmal das überschritten haben, was der amerikanische Politologe Michael Doyle die „Augusteische Schwelle“ nannte: den Übergang von der Expansion in eine Phase der Konsolidierung. Das heisst, dass sich imperiale Strukturen festigen und über eine längere Zeitspanne hinweg bestehen bleiben müssen.
Ich habe ein Weltreich gegründet, Alexander der Grosse auch und Cäsar; sie sind zerfallen. Aber das Reich dieses Jesus von Nazareth besteht ewig.
Napoleon I. Bonaparte
An genau dieser Schwelle sind viele Grossreiche gescheitert. Ein gutes Beispiel dafür ist das Hunnenreich unter Attila, das zwar in kurzer Zeit seine Fläche enorm vergrösserte, nach dem Ableben des Anführers jedoch ganz plötzlich wieder zerfiel. Das römische Reich, das Imperium Romanum, dagegen hat die augusteische Schwelle allein in der Kaiserzeit mindestens zweimal überschritten.

Die Bezeichnung "augusteische Schwelle" bezieht sich auf Augustus, den ersten Römischen Kaiser, unter dessen Herrschaft eine 200 bis 250 Jahre dauernde Epoche relativ friedlicher und stabiler Verhältnisse begann. Die sogenannte "Pax Romana".
Für Imperien ist, im Gegensatz zu neuzeitlichen Nationalstaaten, charakteristisch, dass sie keine scharfen Grenzen haben. Selbst über die Reichsgrenzen hinaus strahlte das Weltreich asymmetrisch ökonomisch, kulturell aber auch politisch und militärisch in die freien Gebiete hinein.
In der Zeit des Kolonialismus und Imperialismus bauten einige europäische Staaten Weltreiche auf und prägten nachhaltig die Staaten, die sie kolonialisierten. So wurden Lateinamerika von Spanien und Portugal, Nordamerika, die USA, Afrika und Asien durch Frankreich und Grossbritannien sprachlich und kulturell beeinflusst. So wurden Lateinamerika von Spanien und Portugal, Nordamerika, Afrika und Asien durch Frankreich und Grossbritannien sprachlich und kulturell beeinflusst.
Imperien sind keine kompakten Herrschaftsräume, sondern komplexe Strukturen aus Territorien unterschiedlich fester Anbindungen an das Zentrum. Besonders ausgeprägt ist dies bei Seeimperien, denen es weniger um die Kontrolle von Territorien als um die Sicherung von Waren- und Kapitalströmen geht.
Die Stunde der Seeimperien schlug in der frühen Neuzeit nach den Eroberungsfahrten von Diaz, Kolumbus oder Vespucci. Spanier, Portugiesen, Holländer und vor allem Briten errichteten weltumspannende und langlebige Imperien.
Die Begriffe "Weltreich" und "Imperium" wurde zu unterschiedlichen Zeiten und in verschiedenen Regionen nicht immer gleich definiert und verwendet. Obwohl es heutzutage den Versuch einer allgemeingültigen Definition gibt, kannst du dich nicht immer darauf verlassen, dass die Bezeichnungen auch entsprechend verwendet werden. Insbesondere beim Lesen historischer Texte solltest du das immer im Hinterkopf behalten.
All diesen Reichen ist gemeinsam, dass die komplexen sozialen Systeme, die sie stützten, plötzlich nicht mehr funktionierten. Viele der Imperien, die wir betrachten, waren zu gross, um verwaltet oder gegen Invasionen verteidigt zu werden und sind aufgrund von Kriegen oder auch Autonomiebestrebungen der kolonialisierten Regionen zusammengebrochen.
Blickt man auf vergangene Zivilisationen, dann ist die Geschwindigkeit des Zusammenbruchs sehr auffällig. Auf einen über einen relativ langen Zeitraum immer schneller werdenden Wachstum folgt ein zeitlich relativ kurzer Zusammenbruch der imperialen Macht sowie der territorialen Ausbreitung.
Gemeinhin wird das achämenidische Perserreich als erstes wirkliches Weltreich bezeichnet, das in unterschiedlicher Ausdehnung von ca. 550 bis 330 v. Chr. bestand und auch als Altpersisches Reich bekannt ist. Frühere Grossreiche, die über eine gewisse Zeitspanne hinweg die umliegenden Gebiete und ihre Bevölkerung beherrschten, erreichten keine vergleichbare Grösse.
Das jähe Ende des achämenidischen Perserreich kam mit der Eroberung durch Alexander dem Grossen, dem König von Makedonien. In seiner grössten historischen Ausdehnung reichte das Alexanderreich von Makedonien und Ägypten bis zum Indus. Trotz seines verhältnismässig kurzen Bestehens, war es ausschlaggebend für die Entstehung eines einheitlichen hellenistischen Kulturraums in der östlichen Mittelmeerregion.
Das Römische Reich (27. v.Chr. bis 476 n.Chr.)
Das klassische Beispiel für ein Weltreich ist das Imperium Romanum der Antike. Es waren die Römer, die den Begriff „Imperium" als Erste verwendeten. Er leitet sich von dem lateinischen Verb „imperare" ab, was so viel wie „herrschen" bedeutet.
Die Römer legten die Messlatte für den Imperialismus sehr hoch und schufen die administrativen und politischen Grundlagen, auf die spätere westliche Regierungen aufbauten. Sie entwickelten aus der Philosophie der Alten Griechen das Konzept der Republik als Staatsform.
Wenn wir vom Römischen Reich als Weltreich sprechen, meinen wir aber in der Regel das Römische Kaiserreich, das nach dem Untergang der Republik entstanden ist und von 27 v. Chr. und 476 n. Chr. existierte. Auf seinem Höhepunkt unter Kaiser Trajan beherrschte es 21 Prozent der Weltbevölkerung. Das Territorium reichte von Persien im Osten bis England im Westen, mit dem gesamten Mittelmeerraum als Zentrum.
Das mongolische Reich (1206 bis 1294)
Das grösste zusammenhängende Landimperium der Geschichte war das das Mongolenreich. Gegründet wurde es 1206 von Dschingis Khan, der mehrere bis dahin verfeindete, mongolische Nomadenstämme vereinte. Von Zentralasien aus machten sich die mongolischen Horden auf, die Welt zu erobern. Das Reich erstreckte sich in seiner grössten Ausdehnung von Peking im Osten über den Persischen Golf bis hin zur Donau im Westen – insgesamt neun Millionen Quadratmeilen.
Vor seinem Tod 1227 hatte Dschingis Khan seinen zweitjüngsten Sohn als Nachfolger und Herrscher aller Mongolen bestimmt. Die unterworfenen Gebiete wurden unter allen vier Söhnen, beziehungsweise deren Erben aufgeteilt. Rund 70 Jahre lang funktionierte das Familienprojekt. Ab 1294 entwickelten sich die vier Teile zunehmend auseinander und funktionierten schliesslich ab 1307 politisch von einander unabhängig.
In der westlichen Literatur wird häufig von der Pax Mongolica gesprochen. Damit wird auf die langfristig stabilen Verhältnisse in Grossteilen Asiens und Osteuropas angespielt, die auch nach dem Zerfall des Mongolischen Reichs noch Bestand hatten.
Um ein solch grosses Reich regieren und kontrollieren zu können, entwickelten die Mongolen ein beeindruckendes Kommunikationssystem, das das Versenden von Nachrichten über weite Strecken ermöglichte.
Das Osmanische Reich (1455 bis 1566)
Nachdem sich das Römische Reich im Jahr 395 n.Chr. in zwei Teile gespalten hatte, wurde aus der östliche Hälfte das Byzantinisches Reich, auch bekannt als oströmisches Reich. Beendet wurde diese Ära durch die Eroberung der Hauptstadt Konstantinopel 1453 durch Mehmed II., dem siebten Sultan des damals noch recht kleinen osmanischen Reichs. Mehmed war ein Nachkomme von Osman I., dem ersten osmanischen Kaiser und Begründer des osmanischen Reiches.
Nach der Eroberung Konstantinopels (heute: Istanbul) wurde das Imperium mehr als sechs Jahrhunderte lang von der Hauptstadt aus regiert.
Seine grösste Ausdehnung und den Status als Weltreich, erreichte das Osmanische Reich zwischen 1455 und 1566.
Der Herrschaftsbereich erstreckte sich über drei Kontinente. Die Basis der Herrschaft beruhte auf terrestrischer Eroberungspolitik, aber auch auf Stärkung der Seestreitkräfte.
Im Mittel - und Schwarzen Meer konnten die Osmanen Erfolge gegen die damalige venezianische Seemacht verbuchen.
Nach dem Tod des Sultans Süleyman I. 1566 begann der langsame Niedergang des Weltreiches, das von wirtschaftlichen und politischen Krisen gebeutelt wurde. Im 17. Jahrhundert verlor das Osmanische Reich grosse Territorien auf dem europäischen Kontinent und damit auch an Einfluss. Das endgültige Ende kam 1923 mit der Gründung der türkischen Republik durch Kemal Atatürk.
Die Qing-Dynastie (1644 bis 1911)
Die Qing-Dynastie hat ihren Ursprung in der Mandschurei in Nordchina. Zu Beginn der 1640er Jahren startete sie Eroberungszüge im Kaiserreich China, das sie ab 1644 bis zur Xinhai-Revolution und der darauffolgenden Gründung der Republik China regierte. Die Qing Dynastie war nicht nur eine der am längsten regierenden chinesischen Dynastien, unter ihr hatte das Reich auch die grösste Ausdehnung seiner Geschichte.
Erstmalig waren die Mandschus, Mongolen und Han-Chinesen unter demselben Herrscher zu vereint. Dies geschah jedoch nicht ohne Zwang und Unterdrückung, wodurch es insbesondere in den ersten Jahren der Dynastie immer wieder zu Aufständen kam.
In grosse Schwierigkeiten geriet die Qing-Dynastie erst ab dem 19. Jahrhundert. Nach den beiden Opiumkriegen und dem Taiping-Aufstand war das Reich politisch und wirtschaftlich äusserst instabil geworden. Auch das Versagen der damaligen Herrscher bei der Modernisierung mit Europa Schritt zu halten war ein Aspekt, der zum Niedergang der Qing führte.
Korruption, die Folgen von Naturkatastrophen, soziale Unruhen konnten von den damaligen schwachen Herrschern nicht bewältigt werden und führten zum Ende der Qing Dynastie und der Monarchie. 1911 wurde der letzte Kaiser gestürzt und die Republik ausgerufen.
Das Russische Reich (1721 bis 1917)
Die offizielle Bezeichnung für das russische Imperium lautete von 1547 bis 1721 "Russisches Zarenreich". Erst als Peter I. den Titel des Kaisers annahm, änderte sich der Name in "Russisches Kaiserreich".
Auf seinem Höhepunkt, während der Herrschaft von Peter dem Grossen und Katharina der Grossen, hatte das Russische Reich sein Territorium auf drei Kontinente ausgedehnt. Zum Herrschaftsgebiet gehörten Teile Europas, Asiens und Alaska auf dem amerikanischen Kontinent. Damit gehört es nach dem Britischen und dem Mongolischen Reich zu den drei grössten Reichen der Weltgeschichte.
Der 1. Weltkrieg, indem das Russische Reich hohe menschliche und finanzielle Verluste zu verkraften hatte, war ein entscheidender Grund für den Niedergang des Russischen Reiches. Zudem führte das Fehlen von Reformen führten zu Unruhen und letztlich zu einem Bürgerkrieg zwischen den Anhängern der Revolution und den Anhängern der Monarchie. Im März 1917 wurde durch die Februarrevolution das Ende der Monarchie besiegelt.
Das Britische Empire
Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass das Britische Empire aufgrund seiner weltumfassenden Kolonialpolitik die moderne Welt entscheidend geprägt hat. Nach der sogenannten Entdeckung und der darauffolgenden Kolonialisierung Amerikas durch Spanien und Portugal, begann Grossbritannien den Mittelmeer Mächten nachzueifern. Vom 17. bis ins 20. Jahrhundert hinein eroberte und kolonialisierte das Britische Königreich Regionen auf der ganzen Welt.
"The history of the British Empire is not a history of domination, but of collaboration, of governance by consent."
Niall Ferguson (Historiker)
Die oben zitierte Aussage des britischen Historikers Niall Ferguson ist allerdings nicht unumstritten.
Es war eben die Kolonialisierungspolitik und die profitablen Handelsgesellschaften liessen das Englische Empire zum grössten See-, Handel- und Kolonialreich der Welt aufsteigen.
Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts war das Britische Empire auf allen Kontinenten der Erde präsent - von Australien bis in die Karibik und zurück bis nach Indien und Teile Afrikas.
Nach dem Ersten Weltkrieg standen nicht weniger als 23 Prozent der Weltbevölkerung und ein Viertel der Landfläche der Erde unter britischer Herrschaft.
Die Bestrebungen und Forderungen der wichtigsten Kolonialmächte, die Unabhängigkeit zu erlangen, sowie die beiden Weltkriege und die damit verbundenen Verschiebungen der Machtpotentiale führten zum Niedergang des Englischen Empires. Zwischen 1945 und 1997 fand ein Dekolonialisationsprozess statt, währenddessen sich die meisten der kolonialisierten Gebiete von Grossbritannien ablösten. Noch heute existiert aber mit dem Commonwealth of Nations ein loser Verbund ehemaliger Kolonien.












