Wer Latein beherrschen möchte, muss nicht nur Latein Vokabeln lernen, sondern auch die Syntax, also den Satzbau beherrschen. Latein wirkt auf viele zunächst etwas sperrig – vor allem, wenn es um den Satzbau geht. Denn anders als im Deutschen spielt die Wortstellung hier eine eher untergeordnete Rolle.
Die Satzlehre befasst sich also damit, welche Funktionen die jeweiligen Wörter in einem lateinischen Satz haben. Entscheidend sind die Endungen der Wörter, die zeigen, welche Funktion sie im Satz übernehmen. Hier siehst Du die einzelnen Satzglieder:
Prädikat
Subjekt
Objekt
Attribut
Adverbiale Bestimmung
In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die wichtigsten Regeln und zeigen, wie Du lateinische Sätze sicher analysierst.
Satzarten in Latein
Auch im Lateinischen lassen sich verschiedene Satzarten unterscheiden – ähnlich wie im Deutschen. Wer sie erkennt, kann Inhalte schneller verstehen. Die Satzarten unterscheiden sich nach ihrer Funktion und Struktur.

Grundsätzlich bestehen im Lateinischen Sätze ebenfalls aus Haupt- und Nebensätzen:
- Einen Hauptsatz erkennt man daran, dass er allein stehen kann (Bsp.: "Lisa ist eingeschlafen")
- Ein Nebensatz kann nicht ohne den zugehörigen Hauptsatz stehen. Er wird durch ein Komma vom Hauptsatz abgetrennt (Bsp.: "Lisa ist eingeschlafen, während sie im Sessel las")
Das gehört zu den Grundlagen der Latein Grammatik.
Hauptsätze
In der Satzlehre wirst Du lernen, dass es verschiedene Satzarten gibt, die man an den jeweiligen Satzzeichen erkennen kann, die am Ende des Satzes stehen - der Punkt für Aussagen, das Fragezeichen für Fragen, das Ausrufezeichen für Ausrufe.
Aussagesatz
Information oder Feststellung
Puella librum legit.
Das Mädchen liest ein Buch.
Fragesatz
Fragewörter quis (wer?), quid (was?), cur (warum?)
Quid puella legit?
Was liest das Mädchen?
Aufforderung
Aufforderung zu einer Handlung
Lege librum!
Lies das Buch!
Die Aussagesätze und Fragesätze werden im Indikativ gebildet, Aufforderungssätze dagegen im Imperativ.
Stehen zwei Hauptsätze nebeneinander und sind sie durch eine beiordnende Konjunktion (wie et, aut, sed) verbunden, spricht man von einer Satzreihe. Ein Beispiel wäre: Ad scholam is et domi maneo. (Du gehst in die Schule und ich bleibe zu Hause.)
Nebensätze
Nebensätze übernehmen oft die Rolle einer genaueren Erläuterung oder Ergänzung. Man unterscheidet sie nach ihrer Funktion. Um sie zu erkennen, kannst Du dir das Wort anschauen, das gleich nach dem Komma des Nebensatzes kommt, denn es leitet den Nebensatz ein.
Dazu musst Du natürlich auch die lateinische Deklination beherrschen.

Es gibt drei verschiedene Arten von Nebensätzen:
- Adverbialsätze: ersetzen adverbiale Bestimmungen und sind besonders vielfältig. Es gibt temporale (Zeitangabe), kausale (Grundangabe), finale (Zweckangabe), konzessive (Einräumung), konditionale (Bedingung) und konsekutive (Folge) Nebensätze. Bsp.: Postquam cenavi, amicus me convenit. (Nachdem ich gegessen hatte, kam mein Freund.)
- Relativsätze: beschreiben ein Nomen aus dem Hauptsatz näher und werden durch Relativpronomen eingeleitet, das sich in Genus und Numerus auf das Bezugswort bezieht, im Kasus aber von der Funktion im Nebensatz abhängt. Bsp.: Amicum tuum, qui capillis flavis est, ego quoque novi. (Deinen Freund, der blonde Haare hat, kenne ich auch.)
- Indirekte Fragesätze: werden durch Fragewörter eingeleitet und geben eine Frage wieder, ohne sie direkt zu stellen. Sie hängen meistens von einem Verb des Fragens, Wahrnehmens, Wissens oder Unwissens. Bsp.: Nescio, quid facias. (Ich weiß nicht, was du machst.)
In vielen Nebensätzen steht das Verb im Konjunktiv. Dieser zeigt nicht nur die Satzart an, sondern auch das Zeitverhältnis zum Hauptsatz: Ob die Handlung gleichzeitig, davor oder danach stattfindet.
Lateinische Satzglieder
Innerhalb eines Satzes nehmen jedes Wort und jede lateinische Vokabel eine ganz bestimmte Funktion ein. Diese Einzelelemente eines Satzes nennt man auch die Satzglieder. Zu den wichtigsten Satzgliedern gehören:
Prädikat
Subjekt
Ohne sie kann man keinen Satz bauen, denn so weiß man "Wer etwas macht". Andere wichtige Satzglieder wie Objekte, Attribute und Adverbiale, können hinzukommen, müssen aber nicht unbedingt vorhanden sein.

Auch sie erfüllen bestimmte Funktionen:
- Ein Objekt ergänzt das Prädikat und steht in einem anderen Kasus als der Nominativ. Man unterscheidet zwischen Genitivobjekt (Wessen?), Akkusativobjekt (Wen oder was?) und Dativobjekt (Wem?).
- Die adverbiale Bestimmung gibt zusätzliche Informationen zur Handlung. Sie können als Adverb, Präposition + Fall oder Nebensatz auftreten: lokal (Wo?), temporal (Wann?), modal (Wie?), kausal (Warum?)
Wer die Satzglieder erkennt und sicher bestimmt – besonders mithilfe der Kasus – hat einen klaren Vorteil beim Übersetzen.
Das sind Infinitiv-Konstruktionen wie der AcI (Accusativus cum Infinitivo), Partizipialkonstruktionen wie der Ablativus Absolutus oder nd-Formen, also Gerundium und Gerundiv.
In der lateinischen Grammatik ist dabei besonders hilfreich, dass die Formen der Wörter (Kasus, Numerus, Genus) meist genau zeigen, welches Satzglied vorliegt.
Funktion der Nomen
Durch die lateinische Deklination ändern die Wörter, genauer gesagt Nomen (Hauptwörter) ihre Endung abhängig von ihrer Funktion im Satz. Dadurch wird neben dem Numerus (Anzahl) und Geschlecht (Genus) auch der Kasus (Fall) ausgedrückt, der im Lateinischen eine wichtige Rolle spielt.
Das Ganze hat mit der Kasusfunktion der einzelnen Fälle zu tun. Im Lateinischen gibt es fünf Fälle:
- Nominativ: für das Subjekt bestimmt, zur Angabe, wer eine Handlung ausführt.
- Genitiv: gibt an, wem eine Handlung oder Empfindung gilt
- Akkusativ: gibt das Ziel einer Handlung oder Bewegung an, steht immer mit einer Präposition zusammen
- Dativ: gibt den Zweck einer Handlung an, Funktion einer adverbialen Bestimmung
- Ablativ: gibt Mittel an, mit dem die Handlung ausgeführt wird, ohne Präposition
Je nachdem, welcher Fall/Kasus verwendet wird, ändert sich die Funktion des Nomens und seine Beziehung zu den anderen Satzteilen und somit auch die Bedeutung des Satzes.
Du solltest die Fälle im Lateinischen beherrschen.
Schauen wir uns zur Verdeutlichung ein Beispiel an: "Der Junge sieht den Hund" kann auf Lateinisch auf verschiedene Arten übersetzt werden: puer canem videt / puer videt canem / canem puer videt / canem videt puer / videt puer canem / videt canem puer.
Der lateinische Satzbau
Die lateinische Wortreihenfolge ist viel flexibler als die deutsche. Das Wichtigste vorweg: Latein ist eine flektierende Sprache, das heißt, Kasusendungen zeigen die Funktion eines Wortes im Satz. Schauen wir uns nun die wichtigsten Grundlagen der Satzlehre an.
Grundstruktur des lateinischen Satzes
Entscheidend sind im Lateinischen also die Endungen der Wörter. Die Wortreihenfolge ist nicht so wichtig wie im Deutschen, spielt aber dennoch eine Rolle. Obwohl die lateinische Wortreihenfolge sehr flexibel sein kann, folgt sie typischerweise einem klassischen Muster:
Subjekt - Objekt - Prädikat
Die deutsche Wortreihenfolge ist übrigens Subjekt - Prädikat - Objekt. Schauen wir uns das Ganze an einem Beispiel an: der deutsche Satz "Der Junge sieht den Hund" würde ihm Lateinischen normalerweise "Puer Canem Videt" lauten (Junge - Hund - sehen).
Um einen lateinischen Satz zu verstehen, solltest Du die lateinische Konjugation beherrschen.
Die einzige Ausnahme von dieser Regel ist, wenn das Verb sein (sum, esse, fui, futurum) verwendet wird. In diesem Fall stehen die Sätze in der Wortreihenfolge Subjekt - Prädikat - Objekt. Beispielsweise bei "Der Koch ist in der Küche". - "coquus est in culina".

Die Reihenfolge der Satzglieder ist im Lateinischen also flexibel, hat aber insbesondere im Schriftlichen eine bedeutende Rolle.
Satzbau als stilistisches Mittel
Der Satzbau hängt auch vom Stil verschiedener Autoren und Genres ab. In Caesars historischen Schriften steht das Verb zum Beispiel viel öfter am Ende des Satzes als in Cicero philosophischen Werken.
Manche Autoren, insbesondere Dichter, variieren die Wortstellung bewusst, um bestimmte Aussagen zu betonen. In Virgils Eclogues schreibt er zum Beispiel: "Omnia vincit amor et nos cedamus amori!". (Liebe erobert alle, lasst uns der Liebe nachgeben!)
Die Wortreihenfolge in der Poesie ist außerdem freier als die Prosa. In der gewöhnlichen Prosa folgt der Satzbau häufig einem klaren Muster: Subjekt - indirektes Objekt - direktes Objekt - Adverbiale - Verb.
Es ist möglich, ein Gedicht mit einem völlig regelmäßigen Rhythmus aus betonten und nicht betonten Silben zu konstruieren, indem die richtigen Wörter in der richtigen Reihenfolge angeordnet werden, was auf Deutsch praktisch unmöglich ist. Ein Beispiel dafür ist der daktylische Hexameter.
Auch die Adjektive im Lateinischen spielen eine entscheidende Rolle.
Warum die Wortstellung wichtig ist
Die Stellung eines Wortes kann die Bedeutung des gesamten Satzes beeinflussen. Einige Beispiele können das verdeutlichen:
- "Trimalchio manūs“ bedeutet nicht nur „Trimalchio klatschte in die Hände“, sondern durch die Stellung des Verbs eine plötzliche Handlung: „plötzlich klatschte Trimalchio in die Hände“
- „Dēcessit Corellius Rūfus“ heißt nicht einfach "Corellius Rufus ist gestorben“, das Verb steht als thematischer Einstieg, also "Die Person, die gestorben ist, ist Corellius Rufus".
- „Vīdī forum“ bedeutet nicht einfach „Ich habe das Forum gesehen“, sondern „Mit eigenen Augen habe ich es gesehen“.
Die Platzierung von Adjektiven beeinflusst also auch die Betonung:
mea fāma
nāvēs sunt combustae quīnque
mein Ruhm - mein eigener Ruhm
fünf Schiffe wurden verbrannt - nicht weniger als fünf Schiffe wurden verbrannt
Bemerkenswert ist auch die Trennung von Wörtern, die normalerweise zusammengehören. Daher bedeutet "hae permānsērunt aquae diēs complūrēs", wenn "hae" am Ende des Satzes von "aquae" und "complūrēs" getrennt ist, nicht "Diese Überschwemmungen dauern mehrere Tage", sondern "Dieses Mal dauerte das Hochwasser, im Gegensatz zu den vorherigen, mehrere Tage".
Wenn man einen lateinischen Satz liest, ohne die Wortreihenfolge zu beachten, kann also unter Umständen eine Dimension der Bedeutung verlorengehen - und das wäre schade, denn die Themen der alten Römer faszinieren bis heute und übermitteln Interessantes und Wichtiges aus der europäischen (Kultur)geschichte.