Karl Alexander Müller war einer der führenden Köpfe der modernen Physik und trug massgeblich zur Entdeckung von Hochtemperatur-Supraleitern bei. Diese Entdeckung revolutionierte die Forschung im Bereich der Supraleitung und brachte Technologien wie die Magnetresonanztomographie (MRT) und die levitierende Magnetschwebebahn voran. Sein bahnbrechendes Werk wurde 1987 mit dem Nobelpreis für Physik geehrt. Müller wurde 1927 in Basel geboren. Er studierte Physik an der Universität Zürich und arbeitete später am IBM Forschungslabor in Zürich, wo er seine Entdeckung zur Hochtemperatur-Supraleitung machte.
Seine Arbeit war nicht nur ein wissenschaftlicher Durchbruch, sondern ebnete auch den Weg für neue Forschungen und Anwendungen in der Technik und Medizin. Doch was genau ist Supraleitung, und warum war Müllers Entdeckung so revolutionär? In diesem Artikel tauchen wir tiefer in seine Entdeckung und deren Bedeutung ein.
Was ist Supraleitung?
Ein Supraleiter ist ein Material, das bei extrem niedrigen Temperaturen den elektrischen Widerstand vollständig verliert. Das Geheimnis dieser faszinierenden Eigenschaft liegt in der Bildung sogenannter Cooper-Paare. In einem supraleitenden Zustand verbinden sich Elektronen paarweise und bewegen sich ohne Hindernisse durch das Material. Normalerweise stossen Elektronen beim Fliessen durch ein Metall auf Atome, was Energieverluste verursacht. In einem Supraleiter treten solche Kollisionen jedoch nicht auf, was bedeutet, dass elektrischer Strom ohne jeglichen Verlust fliessen kann. Traditionell tritt Supraleitung nur bei sehr niedrigen Temperaturen auf, oft nahe dem absoluten Nullpunkt. Deshalb sind aufwendige Kühlsysteme notwendig, um diese Bedingungen zu erreichen.
Grundlagen dieser faszinierenden Technologie reichen zurück zu Pionieren wie Albert Einstein, dessen Arbeit zur Quantentheorie das Verständnis des elektrischen Widerstands und des Verhaltens von Elektronen in Festkörpern beeinflusste. Einstein war einer der Ersten, die sich mit der Quantenstatistik von Teilchen beschäftigten, was später für das Verständnis der Cooper-Paare entscheidend war – dem Mechanismus, der Supraleitung möglich macht.
Karl Alexander Müller und sein Kollege Johannes Georg Bednorz entdeckten 1986, dass bestimmte keramische Materialien bereits bei höheren Temperaturen supraleitend werden können, was einen Durchbruch in der Forschung darstellte. Diese sogenannten Hochtemperatur-Supraleiter arbeiten bei wesentlich höheren Temperaturen als bisher bekannte Supraleiter, was ihre Anwendungsmöglichkeiten dramatisch erweiterte.1
Müller und Bednorz arbeiteten am IBM Forschungslabor in Zürich, als sie ein Material fanden, das bei etwa -238 °C supraleitend wurde – eine deutlich höhere Temperatur als bei früheren Supraleitern. Diese Entdeckung führte zu einer Welle von Forschungen und Experimenten, um Materialien zu finden, die noch bei höheren Temperaturen supraleitend werden könnten.
Die Möglichkeit, Supraleitung ohne die Notwendigkeit extrem tiefer Temperaturen zu nutzen, eröffnete neue Horizonte in Bereichen wie der Energieübertragung, Magnetresonanztomographie (MRT) und Teilchenbeschleunigern wie dem CERN. In der Medizintechnik ermöglichen Supraleiter präzisere Diagnosen und effizientere Behandlungsmethoden.
Wusstest du? Das IBM Forschungslabor ist Ursprung nicht nur einer, sondern sogar zwei schweizer Nobelpreis-Ideen. Im selben Labor, in dem Müller und Bednorz arbeiteten, entwickelten Heinrich Rohrer und Gerd Binnig das Rastertunnelmikroskop (STM). Die Erfindung ermöglichte es erstmals, Oberflächen auf atomarer Ebene zu untersuchen, was die Materialwissenschaft und Nanotechnologie revolutionierte.
Die Grundlagen der Supraleitung

Um Müllers Entdeckung wirklich zu verstehen, ist es wichtig, die Grundlagen der Supraleitung zu betrachten. Der niederländische Physiker Heike Kamerlingh Onnes entdeckte 1911 das Konzept der Supraleitung, als er feststellte, dass Quecksilber bei extrem niedrigen Temperaturen seinen elektrischen Widerstand verlor. Diese Entdeckung legte den Grundstein für die spätere Forschung, auf der Müller und Bednorz aufbauten. Während Onnes’ Supraleiter bei fast absolutem Nullpunkt funktionierten, gelang es Müller und Bednorz, Materialien zu entdecken, die bei deutlich höheren Temperaturen supraleitend wurden. Dies war eine entscheidende Weiterentwicklung.2
Ein wichtiger Aspekt der Supraleitungsforschung sind die verschiedenen kritischen Temperaturen. Diese bezeichnen den Punkt, an dem ein Material supraleitend wird. Klassische Supraleiter benötigen extrem niedrige Temperaturen, während Hochtemperatur-Supraleiter wie die von Müller entdeckten Materialien bei höheren Temperaturen arbeiten. Ein Beispiel für solche Hochtemperatur-Supraleiter ist das keramische Material Yttrium-Barium-Kupferoxid (YBCO), das bei -183 °C supraleitend wird. Es stellt eine Revolution dar, da es die praktische Anwendung der Supraleitung vereinfacht.
Obwohl die Entdeckung der Supraleitung revolutionär ist, gibt es auch Herausforderungen. Einer der grössten Hürden ist die kommerzielle Nutzung von Hochtemperatur-Supraleitern. Die Produktion solcher Materialien ist teuer, und ihre Nutzung erfordrt komplexe Kühlsysteme. Viele Forschungsprojekte konzentrieren sich darauf, Materialien zu entwickeln, die bei noch höheren Temperaturen supraleitend werden, idealerweise bei Raumtemperatur - Das wäre der nächste grosse Durchbruch in dem Bereich!
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Anwendungsbeispiele der Supraleitung
Energieübertragung dank Supraleitung
So ein Durchbruch könnte dann beispielsweise einem nachhaltigerem Stromnetz zu gute kommen: Supraleiter könnten dabei helfen, Stromnetze effizienter zu gestalten, indem sie elektrische Energie ohne Widerstand übertragen. Dies würde erhebliche Energieeinsparungen und eine nachhaltigere Stromversorgung ermöglichen. In herkömmlichen Stromnetzen geht bei der Übertragung von elektrischer Energie über lange Strecken ein Teil der Energie als Wärme verloren, was die Effizienz stark beeinträchtigt. Supraleiter hingegen haben die einzigartige Fähigkeit, Strom ohne jeglichen Widerstand zu leiten, was bedeutet, dass keine Energie in Form von Wärme verloren geht.

Durch die Einführung von supraleitenden Kabeln in Stromnetze könnten enorme Energieeinsparungen erzielt werden, da die Übertragungsverluste praktisch auf null reduziert werden. Dies würde nicht nur die Effizienz steigern, sondern auch die Notwendigkeit, mehr Energie zu produzieren, um Verluste auszugleichen, verringern. Gerade in Zeiten, in denen die Nachfrage nach nachhaltigen und umweltfreundlichen Lösungen steigt, bietet die Supraleitung eine vielversprechende Perspektive, um die Herausforderungen der Energiewende zu bewältigen.
Ein konkretes Beispiel ist der Einsatz von supraleitenden Kabeln in Städten mit hoher Bevölkerungsdichte. Diese Kabel könnten bei gleichem Platzbedarf viel mehr Energie transportieren als herkömmliche Kupferkabel, was den Bau neuer Stromtrassen überflüssig machen könnte. Darüber hinaus könnte die Fähigkeit, grosse Mengen an Energie effizient zu speichern und zu übertragen, den Weg für die Integration von erneuerbaren Energien in die Stromnetze ebnen. Wind- und Solarenergie könnten ohne grosse Verluste über weite Entfernungen zu den Verbrauchszentren transportiert werden, was die Dezentralisierung der Energieproduktion fördern würde.3
Langfristig könnte die verlustfreie Energieübertragung mit Supraleitern auch zu einer Kostenreduktion für Verbraucher führen, da weniger Energie produziert werden müsste, um die gleiche Menge nutzbarer Energie bereitzustellen. Dies würde sich auch positiv auf die CO2-Bilanz auswirken, da weniger fossile Brennstoffe zur Energieerzeugung benötigt werden würden. Tatsächlich arbeiten bereits viele Forschungsgruppen weltweit an der Weiterentwicklung von supraleitenden Materialien, die bei höheren Temperaturen effizient arbeiten, um diese Technologien noch praxisnaher und wirtschaftlicher zu machen.
Die verlustfreie Energieübertragung mittels Supraleitern ist gegenwärtig noch grösstenteils Zukunftsmusik, aber es gibt bereits vielversprechende Ansätze und erste praktische Anwendungen. Supraleitende Kabel existieren und wurden in einigen Pilotprojekten getestet. Beispielsweise gibt es supraleitende Stromkabel, die in Städten wie New York eingesetzt wurden, um die Energieübertragung in dichten Ballungsräumen zu verbessern. Auch in Japan und Deutschland wurden Projekte gestartet, bei denen supraleitende Kabel zur Übertragung von Strom über kurze Distanzen verwendet wurden.
Diese Projekte zeigen, dass die Technologie funktioniert, jedoch gibt es noch mehrere Herausforderungen:
- Kühlung: Supraleiter müssen weiterhin stark gekühlt werden, um ihre verlustfreie Leitfähigkeit zu erhalten. Zwar sind Hochtemperatur-Supraleiter bereits eine Verbesserung gegenüber früheren Materialien, aber die erforderlichen Temperaturen sind immer noch weit unter dem Gefrierpunkt (um die -200 °C).
- Kosten: Die Herstellung und Wartung supraleitender Kabel ist teuer, da nicht nur die Materialien selbst kostspielig sind, sondern auch die nötige Kühlung.
Forscher arbeiten intensiv daran, kostengünstigere Supraleiter zu entwickeln und die Notwendigkeit von extremen Kühlmethoden zu reduzieren. Das ultimative Ziel ist es, Materialien zu finden, die bei Raumtemperatur supraleitend werden. Dies würde die breitere Nutzung supraleitender Kabel revolutionieren und die Technologie sowohl technisch als auch wirtschaftlich praktikabler machen.
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Supraleitung in der Quantenphysik und Quantencomputer
Ein zukunftsträchtiges Anwendungsgebiet der Supraleitung ist die Quantenphysik, insbesondere die Entwicklung von Quantencomputern. Supraleitende Schaltkreise dienen dabei als sogenannte Qubits, die die Grundlage für die revolutionäre Rechenleistung von Quantencomputern bilden. Hiermit lassen sich Berechnungen durchführen, die für klassische Computer unvorstellbar wären.
Quantencomputer könnten viele Bereiche revolutionieren, von der Entschlüsselung komplexer Codes bis hin zu Simulationen von Molekülen für die medizinische Forschung. Wer sich für eine tiefere Einführung interessiert, kann auf YouTube zahlreiche Videos zu diesem Thema finden, wie diese anschauliche Erklärung zu Quantencomputern:
Bereits heute machbar: MRT und Magnetschwebebahn dank Supraleitern
Während die verlustfreie Energieübertragung mit Supraleitern und die Anwendung in Quantencomputern noch in der Entwicklungsphase steckt, gibt es bereits etablierte Anwendungen, bei denen Supraleiter heute eine zentrale Rolle spielen. Besonders im Bereich der Magnetresonanztomographie (MRT) und der Magnetschwebebahnen (Maglev-Züge) werden supraleitende Magnete erfolgreich eingesetzt.
Magnetresonanztomographie (MRT)
Die MRT-Technologie nutzt supraleitende Magnete, um extrem starke Magnetfelder zu erzeugen, die es ermöglichen, detaillierte Bilder des menschlichen Körpers zu erstellen. Diese Magnete erzeugen konstante Magnetfelder, die im Vergleich zu herkömmlichen Elektromagneten besonders leistungsstark und gleichzeitig effizient sind. Aufgrund ihrer supraleitenden Eigenschaften können diese Magnete hohe Ströme ohne Energieverluste leiten, was die MRT-Geräte leistungsfähiger und zuverlässiger macht. Supraleiter sind hier von entscheidender Bedeutung, da sie die starke Magnetfeldstärke ermöglichen, ohne dass die Systeme übermässig gross oder unwirtschaftlich werden. Dadurch konnten MRT-Scanner kompakter, energieeffizienter und präziser entwickelt werden, was die Diagnostik in der modernen Medizin revolutioniert hat.
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Magnetschwebebahnen
Ein weiteres faszinierendes Einsatzgebiet ist die Verwendung von Supraleitern in Magnetschwebebahnen. Diese Züge schweben mithilfe von starken Magnetfeldern über den Schienen, anstatt sie physisch zu berühren, was Reibung nahezu eliminiert und sehr hohe Geschwindigkeiten ermöglicht. Dank der supraleitenden Magnete können stabile, starke Magnetfelder erzeugt werden, die den Zug auf einer konstanten Höhe über der Strecke halten und gleichzeitig für einen reibungslosen und lautlosen Betrieb sorgen.4
Ein Beispiel für die erfolgreiche Umsetzung dieser Technologie ist der Maglev-Zug in Shanghai, der Geschwindigkeiten von bis zu 430 km/h erreicht. Das Schweben über den Schienen reduziert den Verschleiss und die Energieverluste erheblich und macht diese Technologie zu einer der effizientesten und modernsten Fortbewegungsarten.
Diese Anwendungen demonstrieren das Potenzial von Supraleitern in verschiedenen Bereichen der Technologie. Während in der Medizin mit MRT die präzise Diagnostik im Vordergrund steht, ermöglichen sie im Transportsektor schnelleres und energieeffizienteres Reisen. Beide Technologien wären ohne die einzigartigen Eigenschaften der Supraleitung nicht möglich.
Müllers Einfluss auf die Wissenschaft
Müllers Entdeckung brachte nicht nur den Nobelpreis, sondern inspirierte auch eine neue Generation von Wissenschaftlern. Seine Arbeit prägte die Forschung zur Supraleitung massgeblich und beeinflusste viele Karrieren in der Physik, sowie die Arbeit zahlreicher weiterer berühmter Schweizer Physiker. Zahlreiche Institutionen weltweit, darunter führende Universitäten, setzen Müllers Forschung fort und erweitern das Wissen über Supraleiter.
Karl Alexander Müllers Entdeckung der Hochtemperatur-Supraleitung ist ein entscheidender Wendepunkt in der modernen Physik. Sie hat die Türen zu neuen technologischen Entwicklungen geöffnet, die unser Leben verbessern und die wissenschaftliche Forschung beschleunigen werden. Müllers Einfluss bleibt auch nach Jahrzehnten spürbar, und seine Forschung inspiriert weiterhin Wissenschaftler auf der ganzen Welt.
Quellenangaben
- Welt der Physik: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/supraleiter/
- Rudolf de Bruyn Ouboter: Heike Kammerlingh-Onnes und die Supraleitung, Spektrum der Wissenschaft, Mai 1997
- SWM: https://www.swm.de/magazin/innovation/supraleiter#
- Eberhard, Peter / Kargl, Arnim / Hermle, Mario: https://www.itm.uni-stuttgart.de/forschung/maglev/








