Kapitel
„Französisches Boxen ist ein wildes, unvorhersehbares und begeisterndes Spiel voller romantischer Beleuchtung.“
- André Dumas
Dies ist ein schönes Zitat eines professionellen französischen Boxers. Dumas hat den Sport des französischen Boxens von 1911 bis 1920 betrieben und zu dieser Zeit an 25 professionellen Kämpfen teilgenommen. Wir wünschten, wir könnten ein bisschen von der Freude abhaben, die André Dumas am Savate verspürte!
Diese aus Frankreich stammende Art des Boxens ist in Deutschland weniger bekannt als das hier verbreitete klassische und das englische Boxen. Das gleiche gilt für die vielen anderen Boxarten wie Karate, Judo, Viet Vo Dao, Ju-Jitsu, Aikido und, und, und.
Wir sind der Meinung, dass es sich lohnt, Savate zu kennen, und hoffen, mit diesem Artikel vielleicht auch Begeisterte des Boxsports anzusprechen, die bislang noch kein Bild vom französischen Boxen hatten.
Und keine Sorge: Du brauchst weder einen Baskenhut, ein gestreiftes Segelshirt noch einen schicken Schnurrbart, um an Savate-Stunden teilnehmen zu können. Du übst diesen Boxstil auch nicht, während du Wein schlürfst oder Baguette nach Hause trägst. Alles was du brauchst, sind Savate Schuhe, Boxhandschuhe und andere Schoner wie eine Zahnschiene, Schienbeinschoner oder Gelenkschoner. Wir möchten an dieser Stelle darauf hinweisen, dass Dumas‘ „romantische Beleuchtung“ auch auf die Lichter zutreffen kann, die dir erscheinen, bevor du während eines KO’s nur noch schwarz siehst…
So lernst du, im französischen Boxen zu glänzen
Da die Frage „Was ist Savate?“ womöglich immer noch in deinem Kopf herumschwirrt, möchten wir dir zunächst die Grundzüge dieser Sportart näherbringen.
Französisches Boxen oder Savate ist ein Kampfsport mit – wie in jeder Boxart – einer zugrundeliegenden Gewalt und Schlägen, die dem Empfänger durchaus weh tun können. Obwohl Anhänger der Sportart immer betonen, dass es sich um einen Kampf mit Fäusten und Füßen handelt, werden die Füße tatsächlich viel mehr benutzt – teilweise zu 99%.
Savate findet anders als Schattenboxen mit zwei Gegnern in einem Boxring (4,5 x 6 Meter) oder einem Boxstudio statt. Die beiden Boxer müssen Boxhandschuhe und spezielle Boxschlappen tragen. Dies ist elementar, da wie bereits erwähnt die Füße ebenfalls erlaubt sind.

Der Aspekt des Tretens bedeutet, dass Savate eine sehr technische Kampfart ist, die erlernt werden muss. Es gibt eine Vielzahl verschiedener Techniken sowohl zum Schlagen als auch zum Treten. Diese unterschiedlichen Arten erlauben den beiden Kämpfenden viele Möglichkeiten zur Defensive ebenso wie zur Offensive.
Die Füße sind das Herzstück vom Savate Kampfsport (worauf der französische Begriff „savate“ hindeutet), Schienbeine und Knie sind allerdings - anders als beim Kung Fu, einem chinesischen Boxstil, bei dem auch mit den Knien geschlagen wird - absolut verboten. Die erlaubten Offensivschläge nennen sich „armed kicks“ – alle anderen Arten an Tritten sind nicht erlaubt. Dies ist spezifisch fürs französische Boxen.
Im Folgenden findest du Aufzählungen der erlaubten Faust- und Fußtechniken im Savate.
Fußtechniken:
- Fouétte: Ein Roundhouse Kick, bei dem der Fuß des vorderen Beins zirkulär geschwungen wird. Die Trefferflächen sind Kopfhöhe (figure), Mitte über der Gürtellinie (median) und unten (bas).
- Chassé: Ein gestoßen ausgeführter Fußtritt mit dem vorderen Bein. Dieser Tritt unterscheidet sich in Chassé lateral und Chassé frontal. Die Trefferflächen sind ebenfalls figure, median und bas.
- Revers: Ein zirkulär geschwungen ausgeführter Fußtritt mit gestrecktem Bein. Trefferflächen sind figure, median und bas.
- Coup de pied bas: Bezeichnet einen Pendeltritt mit gestrecktem Bein zum Schienbein des Gegners. Wird mit einer leichten Rückbeuge ausgeführt.
Fausttechniken:
- direct bras avant: Direkter Faustschlag mit der Führhand
- direct bras arrière: Direkter Faustschlag mit der Schlaghand
- crochet: Kopfhaken
- uppercut: Aufwärtshaken
Die Faustschläge stammen eindeutig aus dem klassischen Boxen. Beachte jedoch, dass Sweeps und Throws verboten sind. Trefferflächen für Faustschläge sind üblicherweise der Kopf oder Oberkörper des Gegners.
Savate kann sowohl von erwachsenen Männern und Frauen sowie Kindern praktiziert werden. Es setzt ein hohes Maß an Beweglichkeit und Energie voraus und gleicht oft einer Form der Gymnastik – bloß einer, in der gekämpft wird.

In dieser Kampfart sind Überfälle und Tätlichkeiten nicht erlaubt, was bedeutet, dass die Spieler keine gewalttätige Konfrontation suchen sollen. Nach drei Verwarnungen werden Spieler ansonsten disqualifiziert. Die Schiedsrichter und Offiziellen beurteilen den Stil, die Taktik und gewählten Techniken der Gegner.
In der Regel besteht ein Kampf aus drei Runden, die jeweils zwei Minuten lang sind. Zwischen jeder Runde gibt es eine bis anderthalb Minuten Pause, während welcher die beiden Kämpfer sich in jeweils einer Ecke des Rings aufhalten.
Du musst deinen Gegner so oft du kannst schlagen und dich selbst mit Paraden vor seinen Gegenschlägen schützen.
Wenn du danach strebst, Savate professionell zu betreiben, musst du ein gewisses Alter sowie zumindest das Level Gelb erreicht haben. Professionelles Savate benötigt eine gute Portion Kraft, häufig werden hier fünf Runden á zwei Minuten gekämpft.
Es liegt an dir, ob du einer von den morgigen Pros wirst – du wirst in Deutschland auf jeden Fall nicht allzu viel Konkurrenz haben!
Die Geschichte von Savate
Westliches Boxen gilt als die „noble Boxart“, hauptsächlich weil es allen anderen Arten des Boxens vorausgegangen ist. Das erklärt wahrscheinlich die heutige Beliebtheit und Universalität.
Tatsächlich war es die erste Boxart, bei der im 18. Jahrhundert unter der Aufsicht von Buchmachern, anders als beim thailändischen Boxen zum Beispiel, offizielle Regeln entstanden sind. Der erste Boxchampion taucht in den Büchern im Jahr 1719 auf, doch es dauerte noch bis 1857 bis die modernen Regeln der Disziplin in Kraft getreten sind.
1899 kehrte Louis Lerda aus den Vereinigten Staaten von Amerika zurück nach Frankreich und präsentierte mit einem Kampf im Salle Wagram in Paris stolz das westliche Boxen. Vier Jahre später wurde der erste Box Verband gegründet.
Kurz vorher wurde jedoch auch das französische Boxen, das auf den Straßen entstanden ist, kodifiziert und gewann in verschiedenen Regionen in Frankreich zunehmend an Beliebtheit. Der Ort, wo Savate von Anfang an am stärksten verbreitet war, war und ist bis heute die Hauptstadt Paris. Charles Charlemont (1808 – 1894) gilt als Vater des französischen Boxverbandes.
Er war es, der französisches Boxen als den Sport kodifiziert hat, der heute noch praktiziert wird. Dabei hat er sich vom Moment seiner ersten Entstehung unheimlich weiterentwickelt.
Der Geschichte zufolge trat Savate in seine „moderne Ära“ ein, als einer von Charlemonts Schülern, der Graf Pierre Baruzy, 11 Mal in Folge französischer Meister wurde – vor, während und nach dem Ersten Weltkrieg! 1924 nahm er an den Olympischen Spielen teil.
Um 1907 herum trainierten auch Georges Clemenceau und seine Polizei Brigaden (zu der Zeit „Tiger“ genannt) regelmäßig Savate Boxen.
Die erste Europäische Savate Meisterschaft fand in den 1970er Jahren statt. Es ist kein Wunder, dass diese französische Sportart Teil des kulturellen Erbes von Frankreich ist!
Die Einzelheiten der Savate Techniken
Savate Clubs sagen üblicherweise, dass der Geist des französischen Boxens in den vier Schlüsselwörtern „ethisch, lehrreich, ästhetisch, effektiv“ liegt.
Du kannst in dieser Boxart niemandem etwas vormachen: Du musst zu jeder Zeit dein Bestes geben und deine Fähigkeiten unter Beweis stellen, wenn du eine gute Show abliefern und gewinnen möchtest.
Brutale Gewalt sowie der verzweifelte Versuch eines KOs sind dabei weit von dem Schlüssel zu einer guten Partie entfernt. Vielmehr geht es um Intelligenz und Raffinesse, was eine perfekte psychomotorische Koordination erfordert.
Du musst Flexibilität und einen guten Gleichgewichtssinn entwickeln, ansonsten wirst du auch ohne KO-Schlag deines Gegners auf dem Boden landen…
Gleichzeitig musst du Ausdauer und Mut beweisen. Du brauchst besondere Fähigkeiten, wenn du zu den Besten dieser Sportart zählen und deine Gegner beeindrucken möchtest.

Es gibt außerdem auch eine strategische Dimension des Savates, wie Statistiken zeigen. Amerikanische Wissenschaftler stellten fest, dass es im französischen Boxen weniger Verletzungen im Jahr gibt als in vielen anderen Sportarten wie American Football, Eishockey, Fußball, Turnen, Basketball, Baseball und Rollschuhfahren.
Falls du also eher auf „derbere“ Sportarten stehst, mach dein Ding, Savate gilt jedoch als Sport für Gentlemänner! Passend dazu wird diese Art des Boxens in schicken Savate Schlappen ausgeführt und die Schiedsrichter tragen in der Regel eine Fliege.
Deshalb ist es wenig überraschend, dass französisches Boxen vor allem von Gerechtigkeitsliebhabern geschätzt wird.
Savate ist nicht nur befreiend für deinen Körper, sondern macht auch Spaß und erlaubt es dir, aus deinem Alltag zu entfliehen. Viele Menschen wenden sich diesem Boxstil zu, weil sie eine schlanke, athletische Figur erreichen oder halten möchten.
Das Fechten hat das Savate übrigens stark beeinflusst. Jean-Francois Loudcher glaubt, dass es ursprünglich die Duelle aus der Zeit von Louis XIII und Richelieu wiederaufleben lassen sollte.
Wenn Meisterschaft starke Schläge und Gefahr bedeutet, kannst du dir sicher sein, dass regelmäßige Übung zu Schlägen führt, die nicht in Schmerz und Verletzung resultieren – dies ist Teil der Etikette von Savate.
Es gibt regelrechte Wettbewerbe darum – denn die Finesse des französischen Boxens ist das Herzstück dieser Boxart.
Zu den eleganten Elementen dieses Sports zählt auch, dass es verboten ist, auf die Intimbereiche des Gegners zu zielen sowie die Brüste bei weiblichen Kämpferinnen. Ebenso sind Schläge von Hinten verboten und gelten als unwürdig.
Die Grade des französischen Boxens
Französisches Boxen existiert bereits seit vielen Jahrzehnten und kann seit dem professionellen Debüt mit Charlemonts elf nationalen Titeln zur Zeit des Ersten Weltkriegs auf eine reiche Geschichte zurückblicken.
Zu den größten französischen Boxern zählen Scheffler, Robin, Nandi und Berro.

Bevor du jedoch in die Fußstapfen dieser ehrwürdigen Boxer treten kannst und solch hohe Ränge erreichst, musst du jede Menge lernen und trainieren.
In den traditionellen Kampfkünsten, wie beim amerikanischen Boxen, zeigt sich der Rang eines Kämpfers in der Farbe seines Gürtels. Im Savate geht es um die Farbe der Handschuhe.
Diese speziellen Handschuhe bestimmen dein weltweites Ranking und erlauben es dir, dich für bestimmte Wettbewerbe anzumelden.
Dies sind die Farben, die du in dieser Reihenfolge angefangen vom Anfängerlevel bis hin zum Champion durchlaufen musst:
- Blau
- Grün
- Rot
- Weiß
- Gelb
- Technisches Gold (GAT 1, 2 und 3)
- Bronze
- Silber-Wettbewerb (von 1-5 bzw. 2-6 angefangen bei Bronze)
- Vergoldetes Silber
- Gold
Doch um hier ehrlich zu sein: Es ist extrem schwierig, zu den höchsten 5 Rängen aufzusteigen! Deine eigene Motivation kann jedoch Wunder bewirken und die Hindernisse aus dem Weg räumen.
Savate kann uns eine Menge lehren und Mut ist eines davon!
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